1. Platz beim Glocknerkönig. Kein neuer Streckenrekord, aber den Titel habe ich verteidigt.

Du fragst dich jetzt sicher: „Was schreibt der Nothegger denn da für einen Scheiß zusammen?“
Ich sage dir, das war eine geile Geschichte.
Kurz vorab:
Matthias Brändle war mein „Edelhelfer“ und er hat gleich am Anfang mächtig Tempo gemacht. Streckenrekord war trotzdem keiner drin, da der Veranstalter hatte das Ziel verlegt. War Wurst, wir hatten ein geiles Männerwochenende und extrem viel Spaß.
Jetzt mal von Anfang an:
Na klar wollte ich dieses Jahr meinen Titel beim Glocknerkönig verteidigen. Und den Streckenrekord brechen. Du kannst dir vorstellen, da hab ich mir mächtigen Druck gemacht. Von Anfang an war klar, wenn ich an den Start gehe, dann hab ich das ganze Feld gegen mich. Also suchte ich mir Hilfe, beim Besten. – Matthias Brändle.
Im Januar im Trainingslager fragte ich ihn: „He Mätte, was machst du am 02.06.?“. Er: „Nix“. Also schmiedeten wir einen Plan. Er fährt für mich vom Start bis zur Mautstelle volle Kanne, dann fahr ich hoch auf den Berg. Für ihn war das die perfekte Vorbereitung für die Ö-Tour. Denn ein gelbes Trikot bei der Ö-Tour will ja auch verteidigt werden.
Abgesehen davon, dass die Straße auf den Glockner extrem schön ist, grade ohne Verkehr.
Im Training hatten wir das „Anfahren“ einige Male geübt – Gott musste ich da leiden, um bei Matthias im Windschatten zu bleiben. So, mit Matthias Brändle als Edelhelfer konnte eigentlich nichts mehr schiefgehen. Doch dann kam alles anders….
2 Minuten vor dem Startschuss wurde durchgesagt, dass die Strecke im Zielbereich geändert wurde. Matthias und ich, wir wussten, selbst wenn wir schnell sein würden, gabs keinen Rekord, da es nicht die Originalstrecke war.
Hmmm, war Wurscht, Plan ist Plan. Dann halt ohne Streckenrekord.
Keine Zeit zum Nachdenken, denn da fiel schon der Startschuss. Wie geplant setzte sich Matthias sofort an die Spitze. Ich direkt hinter ihn und versuchte dranzubleiben. Mit sagenhaften 430Watt fuhr er Richtung Mautstellen, das war mal geil. Leck, das tat richtig weh. 2018 bin ich nur 240 Watt gefahren und jetzt hinter Matthias waren es 290 Watt – Ich dachte: „Oh Kacke, da wirst du am Berg dafür bezahlen.“ Ich machte mich so klein wie möglich. Ich habe sogar meine Unterarme in TT Manier auf den Lenker gelegt, natürlich in vollem Vertrauen in Matthias. Hinter mir hörte ich die Anderen Ächzen und Schnaufen. Leider habe ich fast keinen Windschatten, deshalb tat es den Hintermännern besonders weh.
20 Minuten später erreichten wir den ersten Anstieg vor Mautstelle.
Durch die Menge ging eine Welle der Erleichterung. Doch von Erholung keine Spur, denn gleich am ersten Anstieg fuhr Thomas Frauenschuh in beeindruckender Manier an uns vorbei. Sofort sprang ich an sein Hinterrad, um alles unter Kontrolle zu halten. Jedoch fuhr Thomas so schnell, dass Matthias nicht mehr dranbleiben wollte.
So kamen wir in einer Gruppe von 8 Fahrern an der Mautstation an.
Matthias Brändle ist einfach der Hammer: Absolut schnellste Zeit vom Start bis zur Mautstation. 2 Minuten schneller als 2018.
Nun war es an mir. Nach der Mautstation erhöhte Thomas nochmal das Tempo. Scheiße, das ist zu früh. 2018 schwenkte er erst viel später aus. Für mich hieß es dranbleiben. Da attackierte schon Rene Pammer. Ich musste voll in den roten Bereich, um dranzubleiben. Oh Mann tat mir das weh, aber nicht nur mir, denn flugs war niemand mehr hinter uns.
Scheiße, noch 33 Minuten bis ins Ziel und ich kann jetzt schon nicht mehr.
Rene und ich wechseln uns ab – er wirkte sehr stark und ruhig auf mich.
„Aufpassen!“, dachte ich mir.
Also ruhig, warten und abwechseln.
„Fett ist bei ihm auch nicht zu finden.“
Minuten um Minuten vergehen
„Scheiße, das wird hart.“
Wir wechseln wieder. Monotones atmen und treten.
„Er ist etwas größer als ich. – Ist ja auch nicht schwer. – Deshalb hat es ihm im Flachen nicht so weh getan.“
Auf einmal wird seine Führung schwächer. Ich bleibe weiter in meinem Rhythmus.
Plötzlich sagt er: „Ich kann nicht mehr. Du bist zu stark.“
Ich sage zu mir selber: „Nicht täuschen lassen, der spielt mit dir, geh nicht darauf ein.“
Also gebe ich nochmal ab. Er wird wirklich langsamer.
Noch sind es 27 Minuten bis ins Ziel.
Also probiere ich einen beherzten Antritt, aber mit Köpfchen. Er lässt reißen. Auch meine Kraft lässt nach, die Anfahrt hinter Matthias hat mich viele Körner gekostet. Ich merke, dass ich an die Werte von 2018 nicht herankomme.
„Komm reiß dich am Riemen, hol dir den Sieg.“, sag ich mir.
Die Minuten verrinnen. Kurve für Kurve schrei ich mich an: „Du bist in Führung, fahr den Sieg heim.“ So geht es die ganze Zeit in meinem Kopf.
Plötzlich taucht die Zuschauermasse im Zielbereich in meinem Blickfeld auf.
„Gott sei Dank.“ Da wusste ich, es ist nicht mehr weit. Allerdings sah ich Rene auch noch hinter mir. Jetzt bloß nicht nachlassen.
Raus aus dem Sattel, nochmal richtig auskotzen und links abbiegen, hoch ins Ziel. Die Zuschauer jubeln und klatschen. Das gibt mir noch den letzten Adrenalinschub. Ich gebe alles und rolle durchs Ziel. Geschafft. Am Ende standen 1:15:17 auf der Tafel.
Ich war noch nie so glücklich über einen Sieg.
Nach der Tour de Kärnten hatte ich ein richtiges Formtief, das hat extrem an mir geknabbert. Alles vergessen, nur Glück durchströmt mich. Ich freue mich sehr.
Jetzt wird erst mal richtige gefeiert. Matthias und ich haben es so richtig krachen lassen von 12:00 bis 24:00 Uhr. Das war ein Mega-geiler Abschluss und ein tolles Männerwochenende.
Am nächsten Morgen gings für mich dann direkt ins Zillertal zu Clemens Fankhauser. Was ich da gemacht hab und wie es dort war, dazu später mehr.
Dein Mathias Nothegger
Zusammengefasst:
Glocknerkönig 2019 gewonnen – 27km und 1.694 hm
Strecke:
Bruck an der Glocknerstrasse – Fusch – Mautstation – Piffkar – Fuscher Törl